„Wenn Bilder die Seele berühren
Explodierende Wolkenberge über dunklem Wasser. Eisschollen, die sich wie Pfannkuchen übereinander schieben. Morgennebel, der wie Rauch von der Seeoberfläche aufsteigt oder tosende Herbststürme, die aus ihr Gischt aufpeitschen: Dass Landschafts- und Kulturfotograf Holger Spiering vom Bodensee fasziniert ist, bezeugt jedes seiner Bilder. Der gebürtige Überlinger ist tief mit der Region verwurzelt. Mag sein, dass er den See und seine Stimmungen deshalb so gut versteht, ihn lesen, seine Seele porträtieren kann. Spierings Fotografien zeigen nicht nur das Offensichtliche, sie eröffnen dem Betrachter eine tiefere Ebene. Mit unendlicher Geduld und häufig kalten Füßen wartet der 52-Jährige den richtigen Moment ab – ob um drei Uhr morgens oder mitten im Platzregen. Er fotografiert im RAW-Format, arbeitet Schärfe und Kontraste seiner Motive heraus, verfälscht aber nichts. „Wozu auch?“, weiß er. „Die Natur verschenkt die schönsten Farbenspiele“. Spiering schwärmt von den Pastellnuancen des Winters, den Knospenknallertönen des Frühlings und mehr als 50 Shades of Azur des sommerlichen Sees. Im Herbst fühlt er sich besonders verwöhnt von den Lichtstimmungen und der Ruhe dieser Kulturregion. In seinem Bildband „Jahreszeiten am Bodensee“ ist diese Liebe dokumentiert. Seit 2018 gibt Spiering seinen Fotografien in seiner Galerie in Hagnau eine Plattform: „Sie ist weit mehr als Ausstellungsfläche“, betont er. „Hier habe ich die Chance, meine Bilder zu erklären, Geschichten vom Ort ihrer Entstehung oder Anekdoten vom Tag des Shootings zu erzählen.“ So schafft er Bindungen und gewinnt Seelenfreunde für seine Bilder, nicht nur Käufer. Für das kommende Jahr verspricht er einen Pinselstrich Neues – eine Reihe, an der er derzeit arbeitet und experimentiert.“
(© Agathe Paglia 2020)